Einleitung
Arbeitsplätze von Menschen sind seit je her im Umbruch. Vor rund 40 Jahren als die ersten Systeme zur elektronischen Datenverarbeitung in Betrieb genommen wurden, damals noch Systeme die ganze Räume füllten, änderte sich unser Umfeld grundlegend. Menschen saßen nun nicht mehr vor Schreibmaschinen, sondern erfassten Daten mittels einem Terminal mit Bildschirm und Tastatur. Viele bis dahin noch manuelle Prozesse wurden ab diesem Zeitpunkt von Maschinen übernommen. Allerdings war dieses Konstrukt noch sehr unflexibel, da diese Datenverarbeitung immer noch auf stationäre und sehr statische Ressourcen angewiesen war.
Die nächste große Veränderung ist jetzt bereits etwas über 30 Jahre her. Am 12. August 1981 brachte IBM den ersten Personal Computer (das Modell 5150) auf den Markt. Dieser Umbruch sorgte dafür, dass Daten nicht mehr in zentralen Recheneinheiten gehalten wurden, sondern jeder konnte nun Rechenleistung direkt an seinem Arbeitsplatz abrufen. Das brachte aber auch weitere Probleme mit sich. Anwendungen wurden nicht mehr zentral zur Verfügung gestellt, sondern mussten auf jedem PC installiert werden. Auch der Datenaustausch zwischen den einzelnen PC’s musste über externe Medien erfolgen, da diese noch nicht untereinander kommunizieren konnten. Das änderte sich erst im Jahr 1983 als die Firma Novell das erste Multi-Plattform–Netzwerkbetriebssystem NetWare veröffentlichte.
Hätte man zu dieser Zeit bereits geahnt, welchen Erfolg das von UNIX bekannte Protokoll TCP/IP und ein vom US-Verteidigungsministerium gestartetes Projekt mit dem Namen ARPANET in den folgenden Jahren hatte, wäre vielleicht vieles anders geworden. Mit dem ersten grafischen Browser Mosaic und dem Hypertext Transfer Protokoll (HTTP) entwickelte Tim Berners-Lee im Jahr 1989 am CERN die Grundlagen des World Wide Web. Mit dem Erfolg des ab dann bekannten Internets war es nun möglich, dass PC’s nicht mehr nur innerhalb eines Unternehmens, sondern auch mit anderen Unternehmen und Kunden über lokale Netzwerkgrenzen hinaus miteinander kommunizieren konnten. Das Internet gilt bei vielen Experten als eine der größten Veränderungen des Informationswesens seit der Erfindung des Buchdruckes mit großen Auswirkungen auf diverse Bereiche unseres alltäglichen Lebens.
Basierend auf Internet-Technologien stehen wir wieder am Anfang einer großen Veränderung. Diese Veränderung wird heute oft als Consumerization of IT beschrieben. Also eine von den Konsumenten getriebene Änderung der bisherigen IT Strukturen. Die aktuellen Diskussionen über mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones begleiten uns nun seit der Erscheinung des Apple iPad im Jahr 2010. Als die ersten Geräte im Unternehmen auftauchten, fast ausschließlich durch das Management, wurde auch der BYOD (Bring Your Own Device) Gedanke geboren. Das Mitarbeiter ihre eigene, persönliche IT mit in das Unternehmen bringen, war bis vor 3 Jahren noch völlig undenkbar. Und obwohl es heute immer noch schwierig ist, solche Programme im Unternehmen zu implementieren, denken viele Unternehmen über eine Einführung bereits nach und evaluieren technische und organisatorische Möglichkeiten.
Diese durch die Vielzahl der neuen Geräte erreichte Mobilität bringt für Unternehmen eine ungeahnte bislang nicht gekannte Flexibilität und löst traditionelle Arbeitsstrukturen Schritt für Schritt auf. Doch birgt diese neue Flexibilität auch Risiken, denn die meisten Unternehmen sind noch nicht für diese Änderungen bereit. Aber was wird sich in der Zukunft kurz- und mittelfristig ändern und worauf müssen wir uns einstellen?
Der Arbeitsplatz wird mobil
Mittlerweile sind große Teile der bekannten stationären PC’s durch mobile Geräte ersetzt worden. In den Unternehmen wird kaum noch ein klassischer Desktop PC ausgerollt. Dieser ist fast vollständig durch Notebooks ersetzt worden. Spricht man heute von mobilen Geräten, so sind in erster Linie die neuen Generationen von Smartphones und Tablets gemeint. Das ist allerdings ein Trugschluss: In Wirklichkeit ist das Notebook das am meisten genutzte mobile Endgerät. Für bestimmte Tätigkeiten werden aber bereits heute immer mehr ultra-mobile Geräte genutzt.
Das mobile Arbeiten wird in der Zukunft andere Ausprägungen annehmen als wir diese heute kennen. Mitarbeiter werden nicht mehr nur mit einem Gerät ihrer Tätigkeit nachgehen. Der zukünftige Mitarbeiter wird dabei eine Vielzahl von Geräten unterschiedlicher Bauart und mit unterschiedlichen Betriebssystemen nutzen. Dabei ist es völlig egal, ob diese Geräte wirtschaftlich dem Unternehmen oder dem Mitarbeiter gehören. Auch öffentliche Geräte wie zum Beispiel im Internet-Cafe oder Internet Terminals in Hotels werden zukünftig für die Tätigkeit genutzt. Losgelöst vom Büroarbeitsplatz können die Mitarbeiter zudem sehr viel schneller auf Anfragen reagieren und dazu beitragen, dass das Unternehmen flexibel auf Kundenprobleme, neue Geschäftsaufgaben und veränderte Marktbedingungen eingehen kann.
Möglich wird dies durch das Arbeiten in der Cloud, bei dem alle Daten und Applikationen an jedem Ort der Welt und auf jedem Endgerät verfügbar sind. Die Cloud wird dabei aber kein unsicherer Ort irgendwo in der Welt sein. Vielmehr werden sich öffentliche Services mit denen aus dem Unternehmen stark vermischen und das Konzept der Public, Private oder Hybrid Cloud einfach zum Cloud-Computing verschmelzen.
Entscheidende Faktoren sind dabei, die vorhandenen Strukturen im Unternehmen möglichst frühzeitig durch flexible und heterogene Systeme zu ersetzen. Cloud Konzepte werden derzeit noch in vielen Unternehmen, zum Teil durch unbegründete Sicherheitsbedenken gebremst. Zukünftig entscheidet aber nicht mehr die Unternehmens-IT über die Nutzung von Cloud-Dienstleistungen, sondern die Mitarbeiter. Auch Partner und Kunden werden zukünftig offene Strukturen bei ihnen voraussetzen und eine “Mobilisierung” der genutzten Dienste fordern.
Innovationen kommen von den Mitarbeitern
Fast alle aktuellen Projekte im Unternehmen laufen an den Wünschen und Erwartungen der Mitarbeiter vorbei. So freut sich z.B. die IT-Leitung noch über die gerade erfolgreich abgeschlossene Migration auf Windows 7 und unter dem Radar der IT-Verantwortlichen betreiben die meisten der Knowledgeworker im Unternehmen ihre Endgeräte bereits mit Windows 8. Hören Sie deshalb auf ihre Mitarbeiter: Integrieren sie diese bereits möglichst früh in der Projektplanung. Nur so können sie von Innovationen der Mitarbeiter profitieren und sichern sich nicht nur zufriedene Mitarbeiter, sondern langfristig auch Wettbewerbsvorteile.
Klassische Businessanwendungen werden zukünftig nicht mehr vom Unternehmen und den IT-Abteilungen vorgegeben. Bereits jetzt suchen sich Mitarbeiter die Anwendungen, mit denen sie arbeiten wollen selbst, basierend auf den Einsatzzweck aus. Dies wird aber nur zum Teil der Fall sein. Für Standardformate wird sich der Mitarbeiter sicherlich die Anwendung aussuchen, die für ihn produktiver zu nutzen ist. Bei teuren Anwendungen, z.B. im Bereich ERP oder CRM, wird weiterhin das Unternehmen die entsprechende Anwendung zur Verfügung stellen müssen. Hierfür müssen flexible Infrastrukturen auch die Möglichkeit bieten, die Mitarbeiter unabhängig vom Endgerät mit diesen Anwendungen zu unterstützen.
An dieser Stelle sprechen wir dann auch von Enterprise-Mobility-Management (EMM). EMM umfasst im wesentlichen Prozesse und Vorgehensweisen in Verbindung mit möglichst hoch automatisierten Monitoring- und Verwaltungslösungen, die für den zeit- und ortsunabhängigen Zugriff der Benutzer auf Ressourcen des Unternehmens sorgen. Eine wirkungsvolle und effiziente Unterstützung mobiler Mitarbeiter geht dabei über die reine Endgeräteverwaltung und -konfigurierung, das sogenannte Mobile-Device-Management (MDM), hinaus. Enterprise-Mobility-Management sorgt dafür, dass Anwender produktiv bleiben, ohne gegen Richtlinien des Unternehmens zu verstoßen und ohne, dass der Verwaltungsaufwand wesentlich zunimmt. Nichtsdestotrotz fordert der nutzerzentrierte, sichere Zugriff auf IT-Ressourcen die Einführung einiger zentraler Prozesse.
Die IT übernimmt neue Aufgaben
Für die Unternehmens-IT wird zukünftig ein großer Teil ihrer derzeitigen Tätigkeiten wegfallen. Es müssen keine Geräte oder Anwendungen mehr bereitgestellt werden und auch die Beschaffung und entsprechende Wartung von Geräten sollte vom Mitarbeiter im Self-Service übernommen werden. Gerade jedoch dieser Self-Service birgt aber noch einige Stolpersteine. In der ersten Idee von BYOD ist man davon ausgegangen, dass der einzelne Mitarbeiter sein eigenes Gerät viel besser kennt und auch sorgfältiger damit umgeht. Man ist auch davon ausgegangen, dass diese Annahme die Service Desks stark entlastet und sich somit Kosten im Support einsparen lassen. In der Realität ist dies aber anders, denn der erste Ansprechpartner bei Problemen bleibt der Help-Desk im Unternehmen. Und dieser war plötzlich mit einer ganzen Reihe von neuen Geräten und Anwendungen konfrontiert und musste sich mit weitaus mehr Themen befassen als vorher. Zukünftige IT-Abteilungen werden ihren Fokus vom Management der Endgeräte viel mehr auf das Management der Infrastrukturen legen. Ein großer Teil der heutigen Ressourcen werden zukünftig weitestgehend unterschiedliche externe und interne Dienstenleistungen verwalten und entsprechende Servicelevel überwachen.
Virtuelle Teams nivellieren Hierarchien
Es ist kein Geheimnis: Begriffe wie Heimarbeitsplatz oder Telearbeit sind in den IT-Abteilungen schon seit Jahren ein Begriff. Bisher waren diese Heimarbeitsplätze aber eher eine Ausnahme und wurden von der Unternehmens IT nicht wirklich gern unterstützt. Bereits heute arbeiten mehr als 28 Millionen Menschen mindestens einen Tag pro Woche nicht im Büro sondern von einem anderen Platz. Bis zum Jahr 2014 wird diese Zahl auf über 200 Millionen steigen. Dies ist nicht immer zwangsläufig ein Heimarbeitsplatz. Vielmehr wird auch aus Hotels oder auch vom Kunden auf Ressourcen des Unternehmens zugegriffen. In der Arbeitswelt von Morgen arbeiten die Menschen zusammen, ohne sich überhaupt zu kennen. Teams werden adhoc zusammengestellt und sind über moderne Kommunikationsmittel verbunden, so dass die Mitglieder ihre Beiträge sehr einfach in die Prozesse einbringen können. Dadurch wird aber auch eine Nivellierung stattfinden, denn diese Teams definieren sich vor allem funktionell und weniger durch Hierarchien.
Das Arbeitsergebnis wird wichtiger als die Arbeitszeit
Bisher war unsere Arbeitswelt vor allem über die Verteilung von Arbeitszeit organisiert. Da sich die Produktivität moderner Arbeitsprozesse, gerade unter den Bedingungen virtueller Teams, aber nur unzureichend über die Anzahl aufgewendeter Stunden erfassen lässt, werden zunehmend leistungsorientierte Messmethoden eingeführt. Ein offiziell akzeptierter Standard für die Ermittlung von Leistung einzelner Mitarbeiter fehlt allerdings zur Zeit noch.
Das Wort Karriere wird in der Zukunft wahrscheinlich genauso verschwinden wie das Wort Schreibmaschine. Jüngere Mitarbeiter, die sogenannten “Digital Natives”, sind heute besser ausgebildet als jemals zuvor. Deshalb garantiert heute auch ein Studienabschluss keinen Arbeitsplatz mehr. Arbeitgeber können weltweit auf eine wesentlich größere Anzahl von qualifizierten Mitarbeitern zugreifen, und diese auch virtuell in Projekte einbinden.
Werte werden wichtiger als Regeln
Die IT gibt Unternehmen die Möglichkeit, die Arbeit ihrer Mitarbeiter umfassend zu analysieren. Dies kann zu Misstrauen führen und dazu, die Arbeitsprozesse stärker zu reglementieren. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist in der Zukunft aber ein wichtiger Bestandteil. Deshalb ist es besonders wichtig, eher auf ein Werte-basierendes Modell aufzusetzen, als alles über Regeln zu definieren.
Umfragen bei Digital Natives haben auch ergeben, dass heute eine freie Einteilung der Arbeitszeit und ein gutes Verhältnis zwischen Arbeit- und Freizeit, die sogenannte Work-Live-Balance, wichtiger ist als eine bestimmte Position in der Hierarchie im Unternehmen. Die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben wird auf diese Weise verwischt. Das wird von den einen eher positiv, von den anderen vermutlich eher negativ erlebt. Doch auch für die Unternehmen sind die Folgen dieser Auflösung wichtig. Einerseits gewinnen sie natürlich an Flexibilität und könnten die virtuellen Teams effizient und produktiv einsetzen. Andererseits ist es in diesen Beschäftigungsstrukturen schwieriger, langfristig Know-how aufzubauen und ans Unternehmen zu binden. Ebenso würde sich in diesem Zusammenhang die Frage nach Loyalität und nach dem Vertrauen zwischen dem Unternehmen und den Mitarbeitern ganz neu stellen.
Generationenkonflikte drohen
Gerade in diesem Umbruch drohen natürlich auch Konflikte. Der Austausch von Know-how zwischen Generationen, also zwischen erfahrenen Mitarbeitern und jüngeren wird sicherlich zunehmen. Die unterschiedlichen Werte und Arbeitsstile dieser Gruppen bergen aber auch das Risiko von Konflikten und Spannungen. Wichtig hierbei ist aber auch, die Chancen für gegenseitige Anregungen zu sehen und zu nutzen. Älter Mitarbeiter werden nur sehr schwer in diesen neuen Modell zu integrieren sein, da sich hier über die Jahre ein anderes Wertesystem entwickelt hat. Jüngere Mitarbeiter dagegen wollen ihren neuen Lebensstil mit dem Berufsleben verknüpfen. Hier hilft eigentlich nur eine klare Kommunikation und gegenseitiger Respekt, denn kombiniert man die Erfahrung langjähriger Mitarbeiter mit dem Antrieb der Jüngeren, entwickeln sich viele neue Möglichkeiten.